Das vierte Hilfsdekret, welches erst kürzlich vom Ministerrat beschlossen wurde, sieht wesentliche Neuerungen für den Superbonus in Höhe von 110% vor, wobei die neu eingeführten Maßnahmen Licht und Schatten aufweisen.
Schon mehrfach hatte die neue Regierungschefin Meloni und der Wirtschaftsminister Giorgetti in den letzten Wochen durchklingen lassen, dass die von der Vorgängerregierung eingeführte Maßnahme zum Superbonus in Höhe 110% durch die neue Regierung gründlich überarbeitet werden würde.
Mit den Änderungen möchte die Regierung auf die Bremse treten und die Staatsausgaben für die nächsten Jahre einschränken, da diese aufgrund des 110%- Booms erheblich höher ausgefallen sind wie ursprünglich angenommen.
Der Superbonus wurde bekanntlich im Jahr 2020 eingeführt und hat in Südtirol und auch im restlichen Italien einen regelrechten Bauboom ausgelöst. Doch es gab bekanntermaßen auch Schattenseiten: einerseits gab es durch den Boom eine Knappheit an Baumaterialien und daraus resultierend auch deutlich höhere Preise für die Baumaterialien, andererseits gab es bedauerlicherweise eine missbräuchliche Verwendung der Steuerbegünstigung, was zu zusätzlichen Vorschriften und Einschränkungen führte. Nun wird der Superbonus von der Regierung Meloni grundlegend reformiert.
Nur mehr 90% ab 2023
Die wesentliche Neuerung des vierten Hilfsdekrets besteht darin, dass der Steuerabsetzbetrag für die geförderten Baumaßnahmen ab dem Jahr 2023 von 110% auf 90% reduziert wird. Für die Jahre 2024 und 2025 reduziert sich der Steuerabsetzbetrag auf respektive 70% und 65%.
Weiterhin unverändert bleibt der Steuerabsetzbetrag in Höhe von 110% nur für die bis 31.12.2022 bezahlten Umbaumaßnahmen, sowie für jene Baumaßnahmen, die zwar im Jahr 2023 ausgeführt werden, für die die zertifizierte Baubeginnmeldung („CILA“) bzw. die Baukonzession innerhalb 25.11.2022 erlangt wurde.
In anderen Worten ausgedrückt: wer die baurechtlichen Anträge für die Umbauarbeiten innerhalb des Stichtags vom 25.11.2022 eingereicht bzw. diese vorher erlangt hat, darf auch 2023 den Superbonus mit 110% anwenden. Wer zu spät kommt, darf hingegen den Superbonus nur mehr im reduzierten Ausmaß von 90% verwenden.
Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels ist das Hilfsdekret noch nicht veröffentlicht worden und dementsprechend noch nicht in Kraft getreten. Es ist allerdings davon auszugehen, dass dies zeitnah erfolgt – das relevante Stichdatum wurde von der Ministerpräsidentin Meloni in der Pressekonferenz zur Vorstellung des Hilfspaketes mitgeteilt.
Verlängerung für Einfamilienhäuser
Eine positive Neuerung sieht das Hilfsdekret hingegen für jene Steuerzahler vor, die Arbeiten an Einfamilienhäusern oder an unabhängigen Immobilieneinheiten in Mehrfamilienhäusern durchführen. Für diese Personen sieht das Hilfsdekret vor, dass die bis zum 31. März 2023 bezahlten Umbaumaßnahmen weiterhin zum Satz von 110 % gefördert werden, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass innerhalb 30. September 2022 mindestens 30 % der Arbeiten ausgeführt worden sind – mit der alten Regelung wären hingegen nur die Umbaumaßnahmen bis 31.12.2022 mit dem Superbonus in Höhe von 110% gefördert gewesen.
Superbonus 2023 auf Einfamilienhäuser mit Einschränkungen
Für die ab dem Jahr 2023 begonnenen Arbeiten an Einfamilienhäusern oder an unabhängigen Immobilieneinheiten in Mehrfamilienhäusern sieht das vierte Hilfsdekret hingegen eine Serie von Einschränkungen vor: (i) der Steuerabsetzbetrag reduziert sich auf 90% (ii) bei der von den Umbaumaßnahmen betroffenen Immobilie muss es sich eine Erst- und nicht eine Zweitwohnung handeln, sowie (iii) der Steuerzahler darf bestimmte Einkommensschwellen nicht überschreiten, welche sich aufgrund der Anzahl der Familienmitglieder ermitteln. Die Schwellenwerte starten für einen Single bei 15.000 Euro Jahreseinkommen – bei so niedrigen Schwellenwerten dürfte ein Großteil der Südtiroler Steuerzahler nicht mehr von der Maßnahme profitieren.
Fazit
Dass der Steuerabsetzbetrag nun auf 90% reduziert wird, ist grundsätzlich zu begrüßen – so wird sichergestellt, dass der Steuerzahler auch ein Interesse an der Minimierung der Baukosten hat und es nicht mehr künstlich aufgeblasene Kosten zu Lasten des Staates gibt. Mit einem Absetzbetrag von 110% war der Vorteil für den Steuerzahler umso höher, je höher die Kosten waren, was dem Missbrauch Tür und Tor öffnete.
Negativ zu bewerten ist die eng gesetzte Frist für die weitere Inanspruchnahme der Begünstigung im Ausmaß von 110%: speziell in Kondominien dauert die Entscheidungsfindung für die Durchführung der Umbaumaßnahmen bekanntlich lange – wer bis zum Datum des 25.11.22 keine Baubeginnmeldung eingereicht bzw. die Baukonzession erlangt hat, schaut jetzt durch die Finger.
Steuerberater und WirtschaftsprüferDr. Gert Gasser