In einem umfangreichen Rundschreiben hat das Finanzamt erst kürzlich Stellung bezogen auf die steuerliche Ansässigkeit von Privatpersonen und die steuerlichen Auswirkungen von Arbeiten im Home – Office.
Die steuerliche Ansässigkeit
Wer in Italien den steuerlichen Wohnsitz hat, muss in Italien Steuern zahlen. In Artikel 2 Absatz 2 des ital. Einkommensteuergesetzes wird der Begriff "steuerlicher Wohnsitz" definiert.
Nach dieser Vorschrift gelten natürliche Personen als in Italien zu Steuerzwecken ansässig, die während des überwiegenden Teils einer Steuerperiode, d. h. 183 Tage in einem normalen Jahr bzw. 184 Tage im Falle eines Schaltjahres, zumindest eine der drei nachfolgend angeführten Bedingungen erfüllen:
- Eintragung im Melderegister der ansässigen Bevölkerung in einer ital. Gemeinde;
- Domizil in Italien - als Domizil gilt jenen Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit und ihrer (persönlichen) Interessen begründet hat;
- Wohnsitz in Italien – als Wohnsitz gilt jener Ort, an dem die Person den gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Mit Bezug auf die Notion als Domizil und Wohnsitz wird im Rundschreiben auf die Bestimmungen des Art. 43 des ital. Zivilgesetzbuches verwiesen und auf die vorangegangenen Rundschreiben des Finanzamtes sowie die Rechtsprechung des Kassationsgerichtshofes eingegangen.
Das Domizil
Laut Auffassung des Finanzamtes müssen bei der Bestimmung des Domizils auch Beziehungen nicht-finanzieller Natur, wie persönliche und emotionale Beziehungen, berücksichtigt werden, um den Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit und der Interessen festzulegen.
Der Begriff des Domizils ist daher in Bezug auf den Ort zu beurteilen, an dem die Person sowohl persönliche als auch geschäftliche Beziehungen unterhält.
Nach der Rechtsprechung handelt es sich um einen Sachverhalt, der das Vorliegen eines doppelten objektiven und subjektiven Erfordernisses voraussetzt, nämlich den Aufenthalt an einem bestimmten Ort bzw. die Absicht, dort dauerhaft zu leben, wie sie sich aus den Lebensgewohnheiten und der Führung normaler sozialer Beziehungen ergibt.
Wohnsitz
In Bezug auf den gewöhnlichen Aufenthalt und den Wohnsitz zitiert das Finanzamt jene Rechtsprechung, welche für die Integrierung des Tatbestandes keine Kontinuität oder Dauerhaftigkeit für erforderlich hält.
Somit besteht laut Auffassung des Finanzamtes auch dann ein Wohnsitz in Italien, wenn die Person anderswo arbeitet, sofern sie in der Wohnsitzgemeinde ihren Wohnsitz behält, nach Möglichkeit dort zurückkehrt und die Absicht zeigt, dort den Mittelpunkt ihrer familiären und sozialen Beziehungen.
Zur Festlegung des Mittelpunkts der Lebensinteressen hat man zudem laut Auffassung des Finanzamtes auf jenen Ort zu schauen, an dem die Verwaltung der eigenen Lebensinteressen für gewöhnlich ausgeübt wird und dies auch so von unabhängigen Dritten eingeschätzt werden würde.
Keine Sonderregelung für Homeoffice
Aufgrund der Coronakrise sind viele Arbeitnehmer ins Home Office gewechselt und dort auch geblieben – die Arbeit im Home- Office hat sich vollkommen etabliert.
Das Finanzamt verweist im Rundschreiben jedoch darauf, dass im nationalen Steuerrecht keine Änderungen vorgenommen oder Sonderregelungen eingeführt wurden, die sich auf die Regeln zur Bestimmung des steuerlichen Wohnsitzes auswirken.
Es gab zwar Sonderregeln mit den drei Staaten Schweiz, Österreich und Frankreich, aber wie das Finanzamt bekräftigt, ist der Anwendungsbereich dieser drei Sonderregelungen auf diese drei Staaten beschränkt gewesen und zudem sind die Abmachungen auch wieder ausgelaufen. Die Sonderregeln gelten somit nicht mehr.
Die Kriterien für die Bestimmung des steuerlichen Wohnsitzes natürlicher Personen bleiben folglich die gleichen wie immer, egal ob Smart-Working oder normale Büroarbeit. In anderen Worten ausgedrückt: die Art und Weise, wie die Arbeit ausgeführt wird, hat keinen Einfluss auf die Kriterien zur Bestimmung des steuerlichen Wohnsitzes, die nach wie vor an die Erfüllung von mindestens einer der drei genannten Bedingungen geknüpft sind.
Arbeitet ein Arbeitnehmer (aufgrund der gesetzlichen Einschränkungen zum Schutze der allgemeinen Gesundheit oder aufgrund einer individuellen Abmachung mit dem Arbeitgeber) daher für einen ausländischen Arbeitgeber in Italien für mehr als die Hälfte des Jahres, dann führt der verlängerte Aufenthalt in Italien zu einer steuerlichen Ansässigkeit des Arbeitnehmers in Italien und folglich zu einer Steuerpflicht in Italien.
Internationales Recht hat Vorrang
Positiv im Rundschreiben ist die Bestätigung des Finanzamtes abschließend zu werten, mit der die Vorrangigkeit der internationalen Abmachungen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung gegenüber der nationalen Gesetzgebung festgehalten wird.
Im Falle von Konflikten zwischen Staaten, welche beide die Steuerhoheit für einen Steuerzahler beanspruchen, z.B. weil dieser in beiden Staaten als ansässig gilt, werden diese Konflikte aufgrund von international gültigen Regeln gelöst, wobei darauf geachtet wird, mit welchem Staat die stärkere Bindung besteht in Bezug auf die Verfügbarkeit einer Wohnstätte, dem Mittelpunkt des Lebensinteresses, den gewöhnlichen Aufenthalt und der Staatsangehörigkeit des Steuerzahlers.