Dann stellen Sie sich die folgende Situation vor: ihre Firma errichtet als erster Auftragnehmer im Auftrag eines Dritten ein Haus.
Einige Arbeiten geben Sie dabei an ein anderes Unternehmen weiter. Später stellt sich heraus, dass dieses Unternehmen die Lohnsteuern nicht an den Fiskus abgeführt hat, die für die Erfüllung dieses Unterwerkvertrages angefallen sind.
Dies sollte ihr Unternehmen ja nicht betreffen, schließlich haben Sie alle Steuern korrekt abgeführt, und was können Sie dafür, wenn ihr Subunternehmer die Steuern nicht zahlt?
Gemäß den aktuellen Bestimmungen haftet aber auch ihr Unternehmen für die unterlassenen Zahlungen, und zwar bis zur Höhe des vereinbarten Entgeltes! Zahlt das von Ihnen beauftragte Unternehmen also die auf die Leistung anfallende Mehrwertsteuer bzw. die Lohnsteuern nicht ein, bittet der Fiskus ihr Unternehmen zu Kasse.
Die solidarische Haftung ist dabei nicht auf Leistungen in der Bauwirtschaft beschränkt, sondern erstreckt sich ganz generell auf Unterwerkverträge. Für den ersten Auftraggeber gibt es zwar keine solidarische Haftung wenn Subunternehmer am Werk sind, dafür aber bedeutende Geldstrafen von bis zu 200.000€ (!), sofern dieser nicht die im nächsten Absatz beschriebene Erklärung besitzt.
Öffentliche Körperschaften und Privatpersonen sind von diesen Bestimmungen ausgenommen.
Die Haftung wird vermieden, wenn der jeweilige Auftraggeber vom Subunternehmer vor der Zahlung der Entgelte Unterlagen erhält, die die ordnungsgemäße Durchführung der oben angeführten Steuerzahlungen bestätigen.
Bei dieser Bestätigung kann es sich dabei auch um eine eidesstattliche Erklärung handeln, die vom Subunternehmer selbst ausgestellt wird. Es handelt sich dabei um eine Erklärung, die bei Falschaussage strafrechtliche Folgen hat.
Mit der betreffenden Erklärung müssen ganz bestimmte Inhalte bestätigt werden, wobei von Fall zu Fall unterschiedlich spezifische Angaben zu machen sind. Der jeweilige Auftraggeber kann dabei die Zahlungen an die beauftragten Subunternehmer bis zum Erhalt dieser Bestätigung einstellen.
Fazit: die Norm hat aufgrund ihres breiten Anwendungsbereiches erhebliche Relevanz in vielen Wirtschaftssektoren, auch außerhalb der Bauwirtschaft. Zwar gilt die solidarische Haftung nur für Unternehmerwerkverträge und Werkverträge mit Subunternehmer, nicht für Einfache Werkverträge gemäß Art. 2222 u.f. ZGB, Transportverträge und Lieferungen mit Montage, aber in der Praxis ist die Unterscheidung zwischen den Vertragsarten meistens schwierig.
Es ist deshalb sehr ratsam in diesem Bereich besonders vorsichtig zu sein und diese Normen zu beachten, und insbesondere, sofern man den Subunternehmer nicht bestens kennt oder diesem absolut vertraut, z.B. auf die eidesstattliche Erklärung zu bestehen, sonst kann es sehr teuer werden!
Steuerberater und WirtschaftsprüferDr. Martin Eder